Favoritenstraße
Wenn man Abstimmen soll, sollte man auch wissen worüber. Nachdem die Bezirksvorstehung/SPÖ keine Informationen über den Umbau bereit stellen wollte, konnten wir dem Budget dafür auch nicht zustimmen.
Kurzfassung:
In Wien sind wir grundsätzlich für Begrünungsmaßnahmen, jedoch dann, wenn sie effektiv und auch transparent kommuniziert werden. Beides ist im Fall der Favoritenstraße nicht der Fall – daher haben wir gegen Finanzbeschlüsse zum Umbau der Favoritenstraße gestimmt. Der hauptsächliche Grund war aber nicht, dass wir gegen Begrünungsmaßnahmen waren, sondern dass wir über ein Millionenhohes Budget abstimmen sollten, bevor wir irgendwelche Pläne vorgelegt bekommen haben. Der Umbau selber wurde als solcher auch nie in der Bezirksvertretung abgestimmt.
Langfassung
Begonnen hat es damit, dass vom Bezirksvorsteher Marcus Franz und der Planungsstadträtin Ulli Sima im November 2023 medial den Umbau der Favoritenstraße angekündigt haben (Presseaussendung dazu) . Grundsätzlich ist es für eine regierende Partei möglich Ankündigungen medial zu tätigen und im Nachhinein den dafür notwendigen demokratischen Beschluss zu fassen.
Seit dieser Ankündigung haben wir im April 2024 (Unsere Anfrage) versucht, die Pläne und ungefähren Kosten zum Umbau der Favoritenstraße zu veröffentlichen oder zumindest uns als Fraktion zugänglich machen zu können, da zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich die Finanzierung über das Bezirksbudget zu erfolgen hat – dafür bräuchte es eine entsprechende Entscheidungsgrundlage.
In der Bezirksvertretungssitzung im vom 11.12.2024 wurde über das Budget abgestimmt (Unter dem Punkt 3 „Geschäftsstücke“ mit der Nummer GS 1/6/24 – FA-1593028/24/1 – MA 5 versehen; Im Protokoll ist hier falsch vermerkt, dass wir zugestimmt hätten. Wir haben gegen diesen Voranschlagesentwurf gestimmt – den Fehler im Protokoll habe ich auch erst jetzt gesehen. In dieser Sitzung wurde das Budget für 2025 beschlossen – dabei unter anderem auch das Projekt um den Umbau der Favoritenstraße. Kostenpunkt hier (nur für den 1. Abschnitt!) 9 240 000€! Bei einem Bezirksbudget von ca. 50,4 Mio€ sind das ca. 18% des gesamten Budgets! Selbst zum Zeitpunkt der Abstimmung wurden uns keine Pläne zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Entweder gab es zu diesem Zeitpunkt keine Pläne – was ein absolut sorgloser Umgang mit Steuergeld wäre, oder sie wurden unter Verschluss gehalten – was demokratiepolitisch höchst bedenklich wäre. Leider habe ich auch nie eine Erklärung erhalten, warum wir zum Zeitpunkt des Budgetbeschlusses keine Pläne sehen durften. Der erste Einblick in die Pläne wurde uns erst nach Urgenz unsererseits nach dem Budgetbeschluss in einer nicht öffentlichen Kommissionssitzung gewährt.
Der Zweite wesentliche Punkt, warum wir unsere Zustimmung zu diesem Vorhaben nicht erteilt haben, ist die Tatsache, dass es sich hier leider nicht um ein Klimaschutzprojekt handelt.
Direkt unter der Favoritenstraße verläuft die U-Bahntrasse, (lt. Aussage eines SPÖ Bezirksrats teilweise sogar nur 20cm unter der Asphaltdecke). Damit Bäume auch gegen die zunehmende Hitze in der Stadt wirksam sein können, brauchen sie eine gut ausgeprägte Baumkrone – und einen mindestens genauso großen Wurzelraum. Trotz der Errichtung von erhöhten Trögen reicht der Wurzelraum nicht aus, damit die Bäume eine Größe erreichen, in der sich auch für das örtliche Mikroklima relevant werden. Lt. Aussage einer Landschaftsplanerin handelt es sich bei diesen Bäumen um reine „landschaftsgestalterischen Bäume“ – quasi Bäume, die schön aussehen sollen, aber kaum eine weitere Wirkung im ökologischen Sinne erzielen werden.
Der dritte Punkt ist die Verkehrssituation: Im ersten Abschnitt, für den auch die Renderings in der Presseaussendung vorliegen, verläuft auch eine Hauptradwegroute – eine der wichtigsten Verbindungen vom 10. in den 4. Bezirk und umgekehrt. Durch die – wortwörtliche – Einzementierung der Pflanztröge verengt sich in diesem Bereich der gemeinsame Rad- und Fußweg, was zu einem erhöhten Konfliktpotential zwischen den beiden Verkehrsteilnehmer:innen führt. In der Früh verkehren zusätzlich LKWs für die Ladetätigkeit. Eine Verengung der bestehenden Flächen ist dann für alle Menschen, die sich dort bewegen und arbeiten mit einem höheren Unfallrisiko verbunden und daher gefährlich. Das Einschränken der aktiven und umweltfreundlichen Mobilität ist genau das Gegenteil einer klimafreundlichen Maßnahme.
Dieses Geld wäre in anderen Straßenzügen, in denen es auch keinen einzigen Baum gibt (davon gibt es gerade im dicht bewohnten Teil Favoritens sehr viele!), weitaus sinnvoller eingesetzt, da im Straßenraum (ohne U-Bahn darunter) die Bäume tiefer ihre Wurzeln ausbilden können und hier ihre klimatischen Vorteile für die Menschen in der Stadt auch zur Geltung bringen könnten. Weiters könnte man in anderen Straßenzügen mit einer Neugestaltung auch zu einer Verkehrsberuhigung beitragen, was zusätzlich den Menschen in Favoriten positiv zugute käme. Auch wenn die Favoritenstraße eine Renovierung notwendig hat – keine Frage – sollte in Zeiten von Budgetknappheit das Geld dort eingesetzt werden, wo es den größten Effekt erzielen kann.
Zusammengefasst ist dieses Projekt von Anfang an intransparent, hat keinen ökologischen Mehrwert und reduziert den Raum für die aktive Mobilität in der Stadt! Das ist kein klimafreundliches Projekt – das ist Greenwashing und dafür gibt es von uns keine Zustimmung. Dieses Geld wäre in einem anderen Straßenzug – sogar mit der gleichen Zielsetzung – weitaus sinnvoller und effizienter einsetzbar gewesen.
Das von der Bezirsk-SPÖ vorgebrachte Argument über die Kritik an diesem nicht effizient eingesetztem Steuergeld wurde lapidar mit „das wird mit 90% von der Stadt Wien gefördert, da haben wir als Bezirk eh nur 10% der Kosten“ abgeschlagen, als ob es egal wäre, dass es sich auch bei Fördergeldern der Stadt Wien auch um Steuergeld handelt. Das sehe ich auch nicht unbedingt als einen sorgsamen Zugang mit den öffentlichen Geldern an – ist aber eine andere, weitere Geschichte..